Wenn ich in Europa frage; welche traditionelle brasilianische Party wird am ausgiebigsten gefeiert?
Erhalte ich fast immer die Antwort, das ist natürlich der Karneval. - Aber da liegts Du eben falsch.
Das grösste Volksfest Brasiliens sind die Junifeste "Festa Junina", oder auch als "Festa de São João" bekannt.
In Europa wurde im Mittelalter die Sommersonnenwende im Juni ausgiebig gefeiert. Die Portugiesen haben (1500-1822) diese Feste nach Brasilien mitgebracht. Mit der zunehmenden Christianisierung
haben sich die Festbräuche, zu einem Fest für die Schutzheiligen St. Antonius, St. Johannes und St. Petrus gewandelt und werden im Juni, im ganzen Land gefeiert. Besonders im Nordosten von
Brasilien wird diese Tradition ausgiebig zelebriert und besitzt den Charakter ausgelassener Strassen Partys.
Das Festa Junina findet im gesamten Monat Juni statt. Die Party dauert 31 Tage ohne Unterbruch. Wegen des bäuerlichen Charakters des Festes kleiden sich die Männer mit Strohhut, karierten Hemden,
Latzhosen oder Jeans mit Hosenträger. Die Frauen kommen in bunten Rüschenkleidern und mit aufgemalten Sommersprossen im Gesicht, die Haare tragen sie als Pferdeschwänze oder Zöpfe.
Viele Traditionen, die diese Feier begleiten, stellen die Hauptsymbole der Junifeste dar. Dazu gehört vor allem das Essen. Eine andere Hauptattraktion ist der «Quadrilha»-Volkstanz, basierend auf
der französischen Quadrille. Musikalisch werden sie von stimmungsvollen Klängen des Forró begleitet.
Die Festdekoration ist einladend und sorgt mit Spielen, Lagerfeuer, Knallkörper und Feuerwerke für eine gemütliche Stimmung.
Seit Jahren gibt es einen Wettstreit um den besten São João in Brasilien zwischen den Städten Caruaru in Pernambuco oder Campina Grande in Paraíba.
Campina Grande ist Titelträger des grössten ”Festa de São João” der Welt. Caruaru hingegen gilt als der traditionellste und schönste in Brasilien. Zudem ist Caruaru nur 135 km von Recife entfernt und in zwei Stunden erreichbar. Bekannt wurde Caruaru als "Capital do Forró "Hauptstatt vom Forró", wie es liebevoll genannt wird. Die Arena Luiz-Gonzaga ist eine der Hauptattraktionen und wird durchschnittlich von 100.000 Menschen pro Tag besucht. Während der 31 Festtage sind, rund 3,65 Millionen Menschen anwesend. Insgesamt stehen 25 Vergnügungszentren bereit. An der Party gibt es 815 Darbietungen mit mehr als 500 Künstler, Es werden mehr als 15.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze geschaffen.
Das Mediale Interesse am São João von Caruaru ist immens. 2023 gab es Reportagen in Argentinien, den Vereinigten Staaten, Deutschland, Mexiko, Paraguay, Spanien, Frankreich und Vietnam. Etwa 5100 Veröffentlichungen online, mehr als 700 Einblendungen im Radio und mehr als 860 internationale Berichte im Fernsehen.
Forró ist ein brasilianischer Musikstil und Paartanz aus dem Nordosten Brasiliens. Interessant ist, dass man deutlich osteuropäischen Einfluss heraushören kann; so besteht enge Verwandtschaft zur
Polka oder dem Schottisch auch Ähnlichkeit mit Sinti- und Roma-Musik sind mit dabei. Diese habe sich durch die Vermischung, mit der Musik der Afrikanischen Sklaven zum Forró entwickelt.
Der traditionelle Forró pé-de-serra wird mit drei Instrumente gespielt. Zabumba, Sanfona und Triangel. In den 1990er wurden diese mit elektronischen Musikinstrumenten und Schlagzeug ergänzt.
Daraus entstand der Forró eletrônico.
Zu den schnellen und packenden Rhythmen dieser Volksmusik, wird nächtelang durchgetanzt. Bei einem guten Forró-Trio sitzt kein Partygast still.
Ein Highlight ist der «Quadrilha»-Volkstanz. Quadrilha kann man mit dem amerikanischen Square Dance vergleichen, basiert aber in seinem Ursprung auf der französischen Quadrille.
Die Quadrilha stellt Paarformationen rund um eine simulierte Hochzeit dar, deren Braut und Bräutigam im Mittelpunkt des Tanzes stehen. Dies spiegelt die Fruchtbarkeit des Landes wider. Innerhalb
der Square Dance Kategorie gibt es verschiedene Tanzfiguren, zu denen die Tänzer vom Caller immer wieder aufgefordert werden.
Die Tänzer von Bumba Meu Boi sind auch vertreten. Bei denen dreht sich der Tanz um eine Frau, die die Zunge eines Ochsen essen möchte. Ihr Mann tötet den Ochsen, zum Entsetzen des
Ochsenbesitzers. Ein Heiler kommt herein und belebt den Ochsen wieder, und alle Teilnehmer Tanzen und feiern.
Essen und Getränke sind eine farbenfroh und geschmacksintensiv Hauptattraktionen. Die Gerichte sind mehrheitlich mit Maniok, Mais, Kokosnuss und Erdnüssen zubereitet.
Lokale Köstlichkeiten wie "Pamonha" eine Mais-Spezialität eine süsse oder salzige, mit oder ohne Füllung, "Canjica bzw. Mugunzá" ein Milchmais mit Kokosraspeln und Erdnüssen, Maisbrot, Tapioka,
Bolo Souza Leão und viele andere traditionelle Gerichte werden angeboten. Das traditionellste Getränke ist "Quentão" ein Heissgetränk aus Ingwer, Nelken und Zimt, das mit Cachaça gekocht
wird.
Eine weitere Attraktion ist der Giant Food Circuit. Typische Rezepte werden der Öffentlichkeit in gigantischem Format serviert. In den Anfängen redete man vom São João und Maisessen. Dabei werden
immer wieder neue Weltrekorde aufgestellt.
Dazu gehören das Traditionelle Aufsteigen von Ballons zur Eröffnung der Feierlichkeiten. Der Maibaum, oder das Freudenfeuer, das in der Nacht des 23. Juni (Tag des São João) Angezündet wird. Auch
die Lagerfeuer in der ganzen Stadt gehört zur Partyszene.
Eine der beliebtesten Attraktionen des São João ist der Forró-Zug der von Recife nach Caruaru fährt. In den Wagons spielen live Forró Bands und die Gäste fahren tanzend nach Caruaru. Erwähnen
muss man auch die wunderbare Dekoration in fast allen Strassen der Stadt. Tausende von farbigen Wimpeln und Laternen sind über die Strassen und Plätze gespannt.