Quelle: Aventura do Brasil, caiman.de, (L-ADB)
Zusammenfassung: Peter Rieser / oxente.rec.br
Im Bundesstaat Pernambuco wurde am 7. Juli 1897 im Dorf "Serra Talhada", der Junge Virgulino Ferreira da Silva, als Sohn eines Viehhirten geboren. "Sei ein Mann!", hörte er seinen Vater sagen, so
wie es in der harten Welt des Sertão alle Väter ihren Söhnen predigen. Es war diese unerbittliche Härte seiner Umwelt, die Virgulino prägten und ihn mit 22 Jahren zum Banditen werden liess.
Seine Heimat war der Sertão, ein halb wüstenartiges Gebiet im brasilianischen Binnenland. Eine Trockensteppe mit einer Vegetation hauptsächlich aus Kakteen und Dornensträuchern, in der meist
Wassermangel und extreme Hitze herrschen und über Jahre manchmal kein Regentropfen fällt. Diese Strauchsavanne vereint die Bundesstaaten Ceará, Paraíba, Pernambuco, Alagoas und Sergipe zum
Nordosten Brasiliens. Einigen wenigen Viehzucht treibenden Grossgrundbesitzern steht hier bis heute eine verarmte Bevölkerung gegenüber.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts führte die tiefe Armut und Unterdrückung der Bevölkerung des Sertão zur Bildung von gesetzlosen Banden. Diese überfielen Städte, Fazendas und Stützpunkte der Armee
und zeigten sich grosszügig gegenüber den Armen des Sertão. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts erhielten die durch Armut dazu gewordenen Banditen den Namen Cangaceiros.
Um den Cangaço ranken sich viele volkstümliche Legenden und Anekdoten. Eine Rezeption erfolgte nicht nur in Liedern und Balladen, sondern auch in Film und Musik wurde dem Cangaço vom
brasilianischen Volk ein künstlerisches Denkmal gesetzt.
Der brasilianische Abenteuerfilm "O Cangaceiro – Die Gesetzlosen" erhielt 1953 bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes die Auszeichnung als bester Abenteuerfilm.
Das Pfeifen der Titelmelodie Mulher Rendeira (portugiesisch Spitzenklöpplerin) gilt als die Hymne bzw. als Kampflied der Cangaceiros. Es soll von Virgulino Ferreira da Silva, (Lampião) dem
Anführer der Cangaceiros zu Ehren seiner Grossmutter Maria Jocosa Vieria Lopes geschrieben worden sein.
Das Lied wurde im Nachhinein vielfach vertont, unter anderem von der berühmten amerikanischen Sängerin Joan Baez.
"Olê mulher rendeira, Olê mulher rendá,
Tu me ensina a fazer renda, Que eu te ensino a namorar”
"Hei, Spitzenklöpplerin, Hei, ergib Dich, Frau,
Du bringst mir bei, wie man Spitzen macht,
und ich Dir, wie man liebt"
Virgulino war bis um 1918 Viehhirte bei seinen Eltern. Nachdem sein Vater im Verlauf einer Familienfehde von der Polizei erschossen worden war, begab er sich zusammen mit seinem Bruder in den
Sertão, um sich dort einer der umherstreifenden Banden anzuschliessen.
"Vom heutigen Tage an werde ich töten, bis ich sterbe" schwor er. Der Ehrenkodex des Sertão sieht die von der Rache zum Morden Getriebenen nicht als schuldig an, sondern feiert ihre Taten als
Heldenmut.
Virgulino Ferreira da Silva wurde zum König des Cangaço, von den Armen geliebt und als „Robin Hood des Sertão“ gefeiert. Aber gleichzeitig, auch als blutiger Dieb von den Reichen
verurteilt.
Sein späterer Spitzname Lampião verdankt er dem Mündungsfeuer seiner Waffe, welche er modifizierte. So feuerte seine Schrotflinte, die in den Gefechten mit der Polizei Berühmtheit erlangte, in
unmittelbarer Abfolge und zeigte das Dauerleuchten einer Laterne (portugiesisch „Lampião“).
Bereits 1920 stieg er zum Anführer einer Gruppe von fünfzig Banditen auf, deren Grausamkeit legendär wurde. Wenn ihre Opfer die gestellten Forderungen erfüllten, gab es eine Feier. Bei
Verweigerung folgten unweigerlich Gewalt und Folter. Schon zu Lebzeiten war Lampião ein Phänomen und überwand sieben Kugeln und den Verlust seines rechten Auges.
Das Pfeifen des Liedes Mulher Rendeira (Spitzenklöpplerin) kündigte seine Raubzüge an.
Der Ehrenkodex des Sertão machte ihn zum Helden, da er ehrenhaft Blutrache an den Mördern seines Vaters nahm. Nüchtern betrachtet war Lampião ein blutrünstiger und cleverer Krimineller, der das
Überleben in der Wildnis von seinem Vater lernte und sich ein Vorbild an den Indianern nahm. Seine Cangaceiros nutzten einen gemeinsamen Fussabdruck, um keine Spuren zu hinterlassen. Starb ein
Halunke, so nahm ein anderer dessen Namen an, damit der Mythos der Unsterblichkeit gewahrt blieb. Einflussreiche Beziehungen zu Politikern und Polizisten sicherten lange die Unantastbarkeit von
Lampião und seinen Spiessgesellen.
Als Höhepunkt dieser Ungeheuerlichkeit schloss die brasilianische Regierung 1926 einen Vertrag mit Lampião. Gegen die Ausstattung von Hundertzwanzig Cangaceiros mit Waffen und Uniformen verlangte
die República Velha (deutsch: alte Republik) die Niederschlagung einer sozialistischen Soldatenrevolte.
Ausgerechnet die Liebe brachte Lampião den Untergang. Maria Bonita „Die Schöne“ traf er 1929, sie war zunächst seine Geliebte und Ehefrau, ehe sie als erstes weibliches Mitglied Aufnahme in dem Verbrecherclan fand. Andere Frauen folgten und es kam zu Eifersüchteleien und Zwistigkeiten innerhalb der Gruppe. Schliesslich informierte ein Verräter die Militärpolizei in Sergipe über den Aufenthaltsort der Cangaceiros.
In einer Julinacht 1938 gelang es einem Trupp der Militärpolizei Lampiãos Cangaço einzukreisen. Lampião, Maria Bonita und weitere neun Bandenmitglieder wurden getötet, ihre Köpfe abgetrennt in
Salzlake konserviert und bis 1969 im Museum der medizinischen Fakultät der Universität von Salvador da Bahia öffentlich zur Schau gestellt. Dort verblieben sie bis in die sechziger Jahre.
Der letzte Cangaceiro, ein Überlebender von Lampiãos Bande, wurde 1940 umgebracht und damit der Zeit der Cangaços ein Ende gesetzt.
Der von vielen als „Robin Hood des Sertão“ romantisierte Lampião war schlichtweg ein grosser Verbrecher. Nichts desto trotz verdankt seine Heimat ihm einen gewissen Bekanntheitsgrad. Auf seinen
Spuren kann man auch heute noch wandeln. Nur Lampiãos Kugelhagel braucht heute niemand mehr zu fürchten.
Der Film, dieser wahren Geschichte hat International über 40 Preise eingespielt. Für die Titelmelodie "Mulher Rendeira“ gibt es hunderte Versionen auf der ganzen Welt.
Coverversion von Joan Baez
Coverversion von Paola - Ole O'Cangaceiro
James Last & His Orchestra - O Cangaceiro