Maniok, die gesunde Tropenknolle

Die wichtigste Kohlenhydratquelle für etwa eine Milliarde Menschen

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Fritierte Maniok mit Picanha ist ein typisches Essen aus dem Nordosten Brasiliens - [© Estudio conceito | Stock]

Quelle: Maniok von sabiá brasilinfo, brasilienportal.ch
Bearbeitet: Peter Rieser / oxente.ch

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Kathedrale da Sé von Olinda mit Panoramablick auf Recife - [© Hans von Manteuffel | Instagram (@hans_fotos)]

Die nahrhafte Wurzelknolle Maniok stammt aus Amazonien und war schon lange fester Bestandteil des Speiseplans der eingeborenen Indios. Nach der europäischen Invasion Südamerikas fand sie bald auch ihren Weg in die Küche der Eroberer – bei den Spaniern als "Yuca" und bei den Portugiesen als "Mandioca". In Brasilien zählt sie immer noch zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln. Moderne Forschung hat mittlerweile ein überraschendes Potenzial in dieser Pflanze entdeckt, das weit über ihre kulinarischen Anwendungen hinausgeht. Heute nutzen mehr als 600 Produkte der chemischen Industrie, der Metall- und Kunststoffverarbeitung sowie der Pharmazie und Kosmetik verschiedene Maniok-Komponenten.

 

Eine einst giftige Pflanze wurde zur menschlichen Nahrung und eroberte die halbe Welt. Sie bietet wichtige Kalorien, Mineralien, Proteine und Vitamin A. Dieses schützt vor Erblindung. Antioxidantien in ihr beugen Krebs vor. So könnte ein  Werbeslogan Maniok (Manihot esculenta) beschreiben.
Im brasilianischen Inland bleibt sie das "Brot der Armen". Doch ohne großes Aufsehen wurde sie eine universell bedeutende Rohstoffquelle mit vielfältigen Einsatzmöglichkeiten. Ob du es glaubst oder nicht, in jedem Magazin das du aufschlägst, steckt etwas von ihr. Ihre Bestandteile sind in Sperrholzmöbeln, Kleidung, Handtüchern, auf dem Gesicht und Haar und in Medikamenten zu finden. Vielleicht steckt sie sogar im Autotank. Sie ist auch ein Teil der Geschichte: Maniok beeinflusste die Gründung von São Paulo, einer der größten Metropolen der Welt. Gleichzeitig eröffnet ihr Potenzial neue technologische Möglichkeiten für Industrie und Zukunft.

Eine Analyse ihrer einzigartigen Eigenschaften

Wenn die Hausfrau auf dem Markt einen schönen und schnell kochenden Maniok mit gutem Geschmack aussucht, ahnt sie wohl nicht, dass es eine von Tausenden Maniok-Arten ist, die allein in Brasilien katalogisiert worden sind. Diese Vielfalt ermöglicht den Anbau in allen brasilianischen Bundesstaaten. Man unterscheidet zwischen "giftigen" und "zahmen" oder "süßen" Sorten. Die süßen Sorten nennt man je nach region "Macaxeira" oder "Aipim".

Ebenfalls ein weit verbreitetes Grundnahrungsmittel ist Maniok in tropischen Ländern Afrikas und Asiens.

 

Von der Pflanze nutzt man nicht nur ihre Wurzeln. Aufgrund ihres hohen Proteingehalts sind die Blätter ebenfalls wertvoll. Die "Pastoral da Criança" hat sie in ihre Nahrungsmischung integriert, um Unterernährung zu bekämpfen.

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Maniok die Kohlenhydratquelle für etwa eine Milliarde Menschen - [© AndresSaenz|414321512ds]

Bestimmte Arten enthalten große Mengen an Vitamin A. Ein Mangel dieses Vitamins kann zu Erblindung führen und stellt ein ernstes Problem bei Kindern im Nordosten und im Amazonasgebiet dar. Eine Untersuchung des „Instituto Nacional de Pesquisas da Amazônia“ (INPA), durchgeführt an Kindern zwischen drei und sieben Jahren in den Hauptstädten Boa Vista, Manaus und Porto Velho, legt nahe, dass der Konsum von Maniok Abhilfe schaffen kann. Die Ergebnisse zeigen, dass Maniok nach der Milch die wichtigste Quelle für Vitamin A ist.

In den Blättern anderer Sorten fand man Lutein, ein Antioxidans, das den Körper vor Krebs schützt. Die Wurzel enthält Lycopin, ein weiteres Antioxidans, das vor Tumoren schützt, insbesondere in der Prostata.

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Maniok reich an Vitamin A kann die Erblindung von Kindern verhindern - [© quazy garden|oxente.ch]

Die Reise von Wurzel und Mehl rund um den Globus

Brasilien ist der fünftgrößte Maniok-Produzent weltweit mit 18.098.115 Tonnen. Nur Nigeria, die Demokratische Republik Kongo, Thailand und Ghana produzieren mehr. Die Maniokproduktion schafft eine Million direkte Arbeitsplätze und bringt jährlich 2,5 Milliarden Dollar ein.


Natürlich trägt die landwirtschaftliche Forschung zu diesem Erfolg bei. Es waren aber die Indios, die die Maniok-Pflanze vor sieben- bis zehntausend Jahren entdeckten. Sie entwickelten eine Methode, um Gift und Wasser aus den Wurzeln zu entfernen. Danach integrierten sie den Maniok in ihre Ernährung. Sie stellten ein Mehl her, das sich lange lagern ließ. Ein spektakulärer Fall in der Menschheitsgeschichte, in dem eine indigene Kultur die Technik entwickelte, um ein giftiges Produkt herzustellen und zu entgiften.

 

Die Maniokpflanze kommt wahrscheinlich aus Rondônia in Südamerika. Eingeborene züchteten sie aus Wildpflanzen. Sie diente als Grundnahrungsmittel, ähnlich wie Mais für Azteken und Mayas oder Kartoffeln für die Inkas. Spanier und Portugiesen brachten sie im 16. Jahrhundert mit und verbreiteten sie in anderen tropischen Ländern.

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Maniok Produzenten - [©Maniok|de.wikipedia.org]

Um Brasilianer zu werden, ist es notwendig, sich mit dem Maniokmehl anzufreunden

Farinha de Mandioca wird aus Maniokwurzel hergestellt und durch einen Röstprozess veredelt. Das Ergebnis ist ein aromatisches Mehl mit einer leicht knusprigen Konsistenz und einem intensiven Geschmack.

In Brasilien ist Farinha de Mandioca pflicht. Menschen greifen nicht nur bei Lebensmittelknappheit darauf zurück. Sowohl zu Hause als auch unterwegs nutzen Reisende und verschiedenste Gruppen wie Bandeirantes, Jangadeiros, Pantaneiros, Caiçaras, Sertanejos und sogar Açorianos in Santa Catarina das Mehl. Alle verwenden das obligatorische Farinha. Bei keiner gemeinsamen Mahlzeit fehlt eine Schale grob geröstetes Maniokmehl auf dem Tisch. Eine Forscherin betont, dass man, um Brasilianer zu werden, mit Maniok Freundschaft schließen muss.

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Maniokmehl ein Grundnahrungsmittel in Brasilien - [© alexander ruiz | 246109510_ds]

Die Jesuiten in São Vicente waren auf Maniokmehl angewiesen. Neulinge nannten es abschätzig "Sägemehl". In einem Brief nach Rom berichtet José de Anchieta im September 1554: "Die Beschaffung ist schwierig und der Weg anstrengend, also zogen wir in die kleine Siedlung namens Piratininga." Dort hielten sie am 25. Januar die erste Messe, dem Tag der Bekehrung des Apostels Paulus. So entstand die Stadt mit seinem Namen São Paulo.

Für Pater José de Anchieta war Maniok das "Brot der Erde". Heute ist die Stärke aus Maniok in der Industrie gefragt. Sie wird über 600 Produkten beigefügt, etwa beim Druckpapier, um dessen Resistenz zu verstärken. Edson Campos von der "Associação Brasileira Técnica de Celulose e Papel" betont die Vorteile der Maniokstärke: niedriger Preis, vielfältige Verwendung, guter Verdichter und wasserzurückhaltend. Geraldo Salles von der "Pesquisa e Desenvolvimento da Klabin" erklärt, dass Druck- und Schreibpapiere die größten Verbraucher sind. Dort verarbeitet man monatlich 1.500 Tonnen Maniokstärke.

 

Sylvio Nápoli, technischer Betriebsleiter der ABIT, erklärt, dass die Textilindustrie Stärke nutzt, um Naturfäden aus Baumwolle und Leinen widerstandsfähiger zu machen. Zusätzlich gibt die Stärke in der Stoffdruckerei den Farben Dichte und Halt.

 

Die physisch-chemische Veränderbarkeit von Maniok-Stärkemehl bietet in der chemischen Industrie vielseitige Anwendungen: im Ingenieurswesen, der Metall- und Plastikindustrie, Pharmazie und Kosmetik. Als Bindemittel, nutritives Substrat, Dispersions- und Antikristallisationsmittel findet Maniok-Stärke in Shampoos, Talkum, Make-up Puder und Parfüms Verwendung.

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Traditionelle Maniokmühle "casa de farinha" in Brasilien - [© alamy C54GC4 | IY03681607]

In der Pharmaindustrie hält Stärke die Partikel zusammen, verleiht Tabletten Konsistenz und löst sie im Körper auf. Sie unterstützt den Transport des Wirkstoffs. „Die Nachfrage nach Maniokstärke wird bestehen bleiben, solange Qualität und Produktionsvolumen stimmen“, sagt der Pharmakologe Lauro Moretto, Direktor der Federação Brasileira da Indústria Farmacêutica. Für ihn ist Stärke das menschliche Gasolin, die Glukose.

Zwischen 1932 und 1942 produzierte Divinópolis, Minas Gerais, 5 Millionen Liter Alkohol aus Maniok. Doch die Zuckerrohrvariante verringerte Investitionen in Maniok-Alkohol. Neu investieren Regierung und Privatwirtschaft wieder in Bio-Treibstoffforschung. Laut Claudio Cabello, Direktor des "Cerat", ist Maniok-Alkohol günstiger und besser. Das Hauptproblem ist die Rohstoffproduktion. Zuckerrohr wird nur für Zucker und Alkohol angebaut. Maniok dient auch als Nahrung und für Stärke. Deshalb verbreitet sich Maniok-Alkohol nur in isolierten Regionen mit geringer Nachfrage oder schlechten Bedingungen für den Zuckerrohranbau.

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Maniok für etwa eine Milliarde Menschen das Brot der Erde - [© Andritz Group | andritz.com]

Maniok - Eine soziale, ökologische, technische und wirtschaftliche Chance

Aus ökologischer Sicht ist Maniok eine wertvolle Nutzpflanze, die den Boden effizient nutzt. Sie zeichnet sich durch ihre Fähigkeit aus, sich problemlos an nahezu jeden Bodentyp anzupassen und benötigt keine chemischen Mittel. Darüber hinaus lässt sich Maniok leicht in die Fruchtfolge integrieren. Bei der Ernte schützen seine Zweige und Blätter den Boden und werden zu organischem Dünger.

 

"EMBRAPA" hat eine Methode entwickelt, um die toxischen Rückstände der ausgepressten Maniokwurzeln vielseitig nutzen zu können. Diese Rückstände dienen als Beifutter für Rinder. Sie finden auch Verwendung in der Backstein- und Farbenherstellung und als Düngemittel. Diese Nutzungsmöglichkeiten reduzieren Abfälle und fördern eine nachhaltige Produktion.

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Maniok eine Kulturpflanze die den Boden schützt - [© Kriengsak Tarasri | Stock_1479104113]

Forscher sehen die Zukunft des Manioks in der Verbindung aus Vergangenheit und Gegenwart. Durch die Mischung von Stärkemehl mit Weizenmehl wollen sie neue Wege gehen. Eine Ergänzung von 10% Maniok verbessert das Aussehen des Frühstücksbrötchen, ohne dabei den Geschmack oder die Konsistenz zu beeinflussen.
Ein in der Deputiertenkammer ausgearbeitetes Gesetz plant, die Mischung mit importiertem Weizen auf fünf Jahre festzulegen. "Es ist unverständlich, dass ein Agrarland wie Brasilien bei einem Produkt wie Weizen zu 80% auf Importe angewiesen ist", erklärt eine Forscherin. Sie plädiert für einen Wandel in Denkweise und Handeln. Maniok sollte nicht länger als Synonym für Armut gelten. Vielmehr sollte es als strategisches Entwicklungsinstrument gefördert werden.

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Dadinhos de tapioca - Tapioka-Würfel ein beliebter Snack - [© flanovais | stock]

Die Maniokpflanzen trotzen dem Klimawandel

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Traditionell wird aus der Wurzel Mehl hergestellt - [© tinglee1631 | Stock]

Maniok, die tropische Knolle, sichert heute die Ernährung eines bedeutenden Teils der Weltbevölkerung.

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Traditionelle Maniokmühle "casa de farinha" - [© H. v. Manteuffel | Instagram @hans_fotos]

Im Mehlhaus, einem Ort von historischer und kultureller Bedeutung verwandeln sie Maniok in Mehl.

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Tapioka-Wraps sind schmackhaft, glutenfrei und vegan - [© HORTIFRUTI | hortifruti.com.br]

Tapioca ist eine  brasilianische Crêpe. Sie ist beliebt als eine schmackhafte knusprig und saftig. Zwischenverpflegung.

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Fritierte Maniok – knusprig und gesunder Snack - [© Canva | cenariomt.com.br]

In Brasilien isst man Maniok oft frittiert wie Pommes. Dazu gibt es häufig einen Dip. Der Snack ist sehr beliebt.


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