Quelle: Maniok von sabiá brasilinfo, brasilienportal.ch
Bearbeitet: Peter Rieser / oxente.ch
Die nahrhafte Wurzelknolle Maniok stammt aus Amazonien und war schon lange fester Bestandteil des Speiseplans der eingeborenen Indios. Nach der europäischen Invasion Südamerikas fand sie bald auch ihren Weg in die Küche der Eroberer – bei den Spaniern als "Yuca" und bei den Portugiesen als "Mandioca". In Brasilien zählt sie immer noch zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln. Moderne Forschung hat mittlerweile ein überraschendes Potenzial in dieser Pflanze entdeckt, das weit über ihre kulinarischen Anwendungen hinausgeht. Heute nutzen mehr als 600 Produkte der chemischen Industrie, der Metall- und Kunststoffverarbeitung sowie der Pharmazie und Kosmetik verschiedene Maniok-Komponenten.
Wenn die Hausfrau auf dem Markt einen schönen und schnell kochenden Maniok mit gutem Geschmack aussucht, ahnt sie wohl nicht, dass es eine von Tausenden Maniok-Arten ist, die allein in Brasilien katalogisiert worden sind. Diese Vielfalt ermöglicht den Anbau in allen brasilianischen Bundesstaaten. Man unterscheidet zwischen "giftigen" und "zahmen" oder "süßen" Sorten. Die süßen Sorten nennt man je nach region "Macaxeira" oder "Aipim".
Ebenfalls ein weit verbreitetes Grundnahrungsmittel ist Maniok in tropischen Ländern Afrikas und Asiens.
Von der Pflanze nutzt man nicht nur ihre Wurzeln. Aufgrund ihres hohen Proteingehalts sind die Blätter ebenfalls wertvoll. Die "Pastoral da Criança" hat sie in ihre Nahrungsmischung integriert, um Unterernährung zu bekämpfen.
Bestimmte Arten enthalten große Mengen an Vitamin A. Ein Mangel dieses Vitamins kann zu Erblindung führen und stellt ein ernstes Problem bei Kindern im Nordosten und im Amazonasgebiet dar. Eine
Untersuchung des „Instituto Nacional de Pesquisas da Amazônia“ (INPA), durchgeführt an Kindern zwischen drei und sieben Jahren in den Hauptstädten Boa Vista, Manaus und Porto Velho, legt nahe,
dass der Konsum von Maniok Abhilfe schaffen kann. Die Ergebnisse zeigen, dass Maniok nach der Milch die wichtigste Quelle für Vitamin A ist.
In den Blättern anderer Sorten fand man Lutein, ein Antioxidans, das den Körper vor Krebs schützt. Die Wurzel enthält Lycopin, ein weiteres Antioxidans, das vor Tumoren schützt, insbesondere in
der Prostata.
Brasilien ist der fünftgrößte Maniok-Produzent weltweit mit 18.098.115 Tonnen. Nur Nigeria, die Demokratische Republik Kongo, Thailand und Ghana produzieren mehr. Die Maniokproduktion schafft eine Million direkte Arbeitsplätze und bringt jährlich 2,5 Milliarden Dollar ein.
Natürlich trägt die landwirtschaftliche Forschung zu diesem Erfolg bei. Es waren aber die Indios, die die Maniok-Pflanze vor sieben- bis zehntausend Jahren entdeckten. Sie entwickelten eine
Methode, um Gift und Wasser aus den Wurzeln zu entfernen. Danach integrierten sie den Maniok in ihre Ernährung. Sie stellten ein Mehl her, das sich lange lagern ließ. Ein spektakulärer Fall in
der Menschheitsgeschichte, in dem eine indigene Kultur die Technik entwickelte, um ein giftiges Produkt herzustellen und zu entgiften.
Die Maniokpflanze kommt wahrscheinlich aus Rondônia in Südamerika. Eingeborene züchteten sie aus Wildpflanzen. Sie diente als Grundnahrungsmittel, ähnlich wie Mais für Azteken und Mayas oder Kartoffeln für die Inkas. Spanier und Portugiesen brachten sie im 16. Jahrhundert mit und verbreiteten sie in anderen tropischen Ländern.
Farinha de Mandioca wird aus Maniokwurzel hergestellt und durch einen Röstprozess veredelt. Das Ergebnis ist ein aromatisches Mehl mit einer leicht knusprigen Konsistenz und einem intensiven
Geschmack.
In Brasilien ist Farinha de Mandioca pflicht. Menschen greifen nicht nur bei Lebensmittelknappheit darauf zurück. Sowohl zu Hause als auch unterwegs nutzen Reisende und verschiedenste Gruppen wie
Bandeirantes, Jangadeiros, Pantaneiros, Caiçaras, Sertanejos und sogar Açorianos in Santa Catarina das Mehl. Alle verwenden das obligatorische Farinha. Bei keiner gemeinsamen Mahlzeit fehlt eine
Schale grob geröstetes Maniokmehl auf dem Tisch. Eine Forscherin betont, dass man, um Brasilianer zu werden, mit Maniok Freundschaft schließen muss.
Die Jesuiten in São Vicente waren auf Maniokmehl angewiesen. Neulinge nannten es abschätzig "Sägemehl". In einem Brief nach Rom berichtet José de Anchieta im September 1554: "Die Beschaffung ist
schwierig und der Weg anstrengend, also zogen wir in die kleine Siedlung namens Piratininga." Dort hielten sie am 25. Januar die erste Messe, dem Tag der Bekehrung des Apostels Paulus. So
entstand die Stadt mit seinem Namen São Paulo.
Für Pater José de Anchieta war Maniok das "Brot der Erde". Heute ist die Stärke aus Maniok in der Industrie gefragt. Sie wird über 600 Produkten beigefügt, etwa beim Druckpapier, um dessen
Resistenz zu verstärken. Edson Campos von der "Associação Brasileira Técnica de Celulose e Papel" betont die Vorteile der Maniokstärke: niedriger Preis, vielfältige Verwendung, guter Verdichter
und wasserzurückhaltend. Geraldo Salles von der "Pesquisa e Desenvolvimento da Klabin" erklärt, dass Druck- und Schreibpapiere die größten Verbraucher sind. Dort verarbeitet man monatlich 1.500
Tonnen Maniokstärke.
Sylvio Nápoli, technischer Betriebsleiter der ABIT, erklärt, dass die Textilindustrie Stärke nutzt, um Naturfäden aus Baumwolle und Leinen widerstandsfähiger zu machen. Zusätzlich gibt die Stärke in der Stoffdruckerei den Farben Dichte und Halt.
Die physisch-chemische Veränderbarkeit von Maniok-Stärkemehl bietet in der chemischen Industrie vielseitige Anwendungen: im Ingenieurswesen, der Metall- und Plastikindustrie, Pharmazie und Kosmetik. Als Bindemittel, nutritives Substrat, Dispersions- und Antikristallisationsmittel findet Maniok-Stärke in Shampoos, Talkum, Make-up Puder und Parfüms Verwendung.
In der Pharmaindustrie hält Stärke die Partikel zusammen, verleiht Tabletten Konsistenz und löst sie im Körper auf. Sie unterstützt den Transport des Wirkstoffs. „Die Nachfrage nach Maniokstärke
wird bestehen bleiben, solange Qualität und Produktionsvolumen stimmen“, sagt der Pharmakologe Lauro Moretto, Direktor der Federação Brasileira da Indústria Farmacêutica. Für ihn ist Stärke das
menschliche Gasolin, die Glukose.
Zwischen 1932 und 1942 produzierte Divinópolis, Minas Gerais, 5 Millionen Liter Alkohol aus Maniok. Doch die Zuckerrohrvariante verringerte Investitionen in Maniok-Alkohol. Neu investieren
Regierung und Privatwirtschaft wieder in Bio-Treibstoffforschung. Laut Claudio Cabello, Direktor des "Cerat", ist Maniok-Alkohol günstiger und besser. Das Hauptproblem ist die Rohstoffproduktion.
Zuckerrohr wird nur für Zucker und Alkohol angebaut. Maniok dient auch als Nahrung und für Stärke. Deshalb verbreitet sich Maniok-Alkohol nur in isolierten Regionen mit geringer Nachfrage oder
schlechten Bedingungen für den Zuckerrohranbau.
Aus ökologischer Sicht ist Maniok eine wertvolle Nutzpflanze, die den Boden effizient nutzt. Sie zeichnet sich durch ihre Fähigkeit aus, sich problemlos an nahezu jeden Bodentyp anzupassen und benötigt keine chemischen Mittel. Darüber hinaus lässt sich Maniok leicht in die Fruchtfolge integrieren. Bei der Ernte schützen seine Zweige und Blätter den Boden und werden zu organischem Dünger.
"EMBRAPA" hat eine Methode entwickelt, um die toxischen Rückstände der ausgepressten Maniokwurzeln vielseitig nutzen zu können. Diese Rückstände dienen als Beifutter für Rinder. Sie finden auch Verwendung in der Backstein- und Farbenherstellung und als Düngemittel. Diese Nutzungsmöglichkeiten reduzieren Abfälle und fördern eine nachhaltige Produktion.
Forscher sehen die Zukunft des Manioks in der Verbindung aus Vergangenheit und Gegenwart. Durch die Mischung von Stärkemehl mit Weizenmehl wollen sie neue Wege gehen. Eine Ergänzung von 10%
Maniok verbessert das Aussehen des Frühstücksbrötchen, ohne dabei den Geschmack oder die Konsistenz zu beeinflussen.
Ein in der Deputiertenkammer ausgearbeitetes Gesetz plant, die Mischung mit importiertem Weizen auf fünf Jahre festzulegen. "Es ist unverständlich, dass ein Agrarland wie Brasilien bei einem
Produkt wie Weizen zu 80% auf Importe angewiesen ist", erklärt eine Forscherin. Sie plädiert für einen Wandel in Denkweise und Handeln. Maniok sollte nicht länger als Synonym für Armut gelten.
Vielmehr sollte es als strategisches Entwicklungsinstrument gefördert werden.
Maniok, die tropische Knolle, sichert heute die Ernährung eines bedeutenden Teils der Weltbevölkerung.
Im Mehlhaus, einem Ort von historischer und kultureller Bedeutung verwandeln sie Maniok in Mehl.
Tapioca ist eine brasilianische Crêpe. Sie ist beliebt als eine schmackhafte knusprig und saftig. Zwischenverpflegung.
In Brasilien isst man Maniok oft frittiert wie Pommes. Dazu gibt es häufig einen Dip. Der Snack ist sehr beliebt.